Tag 95-99 / 18.07.-22.07.2013

Begrüßt von einem Regenbogen gehen wir erst mal in ein
Restaurant, um Wifi zu haben und mit Dave Kontakt aufzunehmen und zu fragen, ob
er uns ein Zimmer besorgen konnte. Im Restaurant gibt es leider kein
funktionierendes Wifi, daher schnappen wir uns nach einem kurzen Snack ein Tuk
Tuk und fahren zu dem Hotel, in dem Dave schläft. Mal sehen, ob etwas frei ist.

Als wir ankommen werden wir von sachlich unfreundlichen
Rezeptionsdamen empfangen, die zwar nicht wirklich wissen, wer wir sind, aber
uns ein Zimmer anbieten können. Wir checken also ein, schreiben Dave und
chillen erst mal eine Runde auf unserem Zimmer. Irgendwann schreibt Dave zurück
und sagt uns, dass er ein Stockwerk unter uns schläft. Wir gehen gemeinsam essen
und Dave erzählt uns ein paar lustige Geschichten, die er bereits in Kambodscha
erlebt hat. Auch wir bringen Dave auf den neuesten Stand und gemeinsam genießen
wir kambodschanisches Streetfood.

Am nächsten Tag stehen die Killing Fields von Choeung Ek auf dem
Programm. Ein sehr bewegender Besuch an diesem Ort der Stille und des Grauens.
Hier wurden Ende der 70er Jahre viele der insgesamt 1,8 Millionen ermordeten
Kambodschaner des Pol Pot Regimes getötet bzw. hingerichtet. An diesem Ort gibt
es keine lauten Guides oder Menschengruppen. Alle sind still mit ihren
Kopfhörern auf den Ohren und hören ihrem persönlichen Audio Guide zu. Es sind
keine schlecht übersetzten Texte, im Gegenteil der Deutsche Audio Guide ist ein
Muttersprachler und die 19 Kapitel, die man sich anhört, sind alle an Stationen
auf dem Gelände geknüpft. Die mit Abstand schrecklichste Station ist der Baum,
der neben einem Massengrab steht. An ihm hängen viele Armbänder, genauso wie an
dem Zaun, der das Massengrab abgrenzt. Kleinkinder wurden an diesem Baum hingerichtet.
Sie wurden an den Fußgelenken gegriffen und mit dem Kopf gegen den Baum
geschleudert. Danach unmittelbar in das Massengrab. Es ist so schrecklich und
verstörend, dass vor 35 Jahren in Kambodscha gut 25 % der Bevölkerung
hingerichtet wurden. Was uns jedoch noch mehr wundert, ist dass wir uns nicht
wirklich daran erinnern können, jemals im Schulunterricht davon gehört zu
haben. Bis heute werden noch Knochen in den Massengräbern an die Oberfläche
gespült. Besonders während der Monsunzeit. Die Knochen werden einmal im Monat
gesammelt und in einem Stupa gelagert. In dem Stupa liegen auf den ersten
Etagen die Schädel, der gefundenen Opfer. Der Anblick führt einem die
Geschichte unmittelbar vor Augen. Man sieht die Brüche der Schädel – die
meisten wurden mit Äxten, Hölzern mit Nägeln, Bambusstangen, Hämmern oder Schaufeln erschlagen und sind dann
in die Grube gefallen. Der Grund? Patronen sind zu teuer. Trotz alledem wurden
die Verantwortlichen des Massenmordes, die Khmer Rouge, noch lange Zeit von
vielen Ländern der UN als rechtmäßige Vertreter Kambodschas anerkannt. Darunter
auch Deutschland, die USA und Großbritannien. Sogar nach 1979 als die ersten
Massengräber entdeckt wurden und die Khmer Rouge weitestgehend von den
Vietnamesen aus Kambodscha vertrieben wurden. Pol Pot verbrachte lediglich die
letzten zwei Jahre seines Lebens in Hausarrest. Er wurde 82 Jahre alt. Viele
seiner Opfer wurden nicht einmal ein Jahr alt.

Nach den Killing Fields war im Tuk Tuk weitestgehend Stille
angesagt. Mit Sicherheit war auch der Taxifahrer in irgendeiner Weise von den
Taten der Khmer Rouge betroffen. In Kambodscha wird darüber aber ungern
gesprochen. Wir fahren also zu dem Russian Market und auch wenn wir in den
letzten Tagen viele Märkte gesehen haben, insbesondere in Thailand, merken wir,
dass Kambodscha irgendwie entspannter ist. Die Marktverkäufer chillen in ihren
Hängematten und warten entspannt bis jemand kommt. Danach sind wir mit dem Tuk
Tuk zu dem Waisenhaus gefahren, in dem Dave unterrichtet hat und haben einige
Kinder und die Geschäftsführer kennengelernt. Das Waisenhaus wird sehr gut
geführt. Wir sehen lachende Gesichter und die Kinder lenken uns von dem
traurigen Vormittag ab. Dennoch bleiben unsere Gedanken in den nächsten Tagen
immer wieder daran haften. Um uns noch ein wenig mehr abzulenken gehen wir
abends Pizza essen. Die berühmte Happy Pizza Phnom Penhs. Während des Essens
hat mich ein kleines Kambodschanisches Mädchen, das Armbänder, Schals und
weitere Kleinigkeiten aus ihrem Bauchladen verkauft zu einer Partie
„Stein-Schere-Papier“ herausgefordert. Das Ganze mit den Worten „Come on, be a
man – don’t be scared“. Der Wetteinsatz, „wie viel kaufe ich von ihr“. Zwei
Sätze, sechs Spiele, ein Sieg, eine Niederlage – ein Armband und ein Schal.
Coole Souvenirs und eine nette Anekdote zum Erzählen.

Am nächsten Tag vertiefen wir die Geschichtsstunde des
Vortages und gehen in das S-21. Eine Schule, die von den Khmer Rouge zu einem
Gefängnis bzw. einer Folterstätte umfunktioniert wurde. Heute ist es ein
Museum, das uns noch mehr Einblicke in die Geschichte Kambodschas gegeben hat. Am
Ende kaufen wir noch von dem Geld, das wir in der Tasche haben (eigentlich zwei
Dollar zu wenig) direkt von einem Überlebenden der Folter im S-21 ein Buch über
seine persönliche Geschichte. Ein weiteres cooles Souvenir.

Den letzten Tag in Phnom Penh verbringen wir im olympischen
Schwimmbad um die Ecke – Olympia in Phnom Penh, daran erinnert sich keiner. Der
Grund? Olympia fand nie in Kambodscha statt, aber der Olympia Park wäre da
gewesen. Wagemutig haben Dave und ich die Gelegenheit genutzt und sind vom 10er
gesprungen. Yeah!

Kurze drei Tage in Phnom Penh und dann geht es schon
gemeinsam mit Dave auf unsere kurze Reise durch Vietnam. Unsere erste Station
ist Ho-Chi-Minh, auch bekannt als Saigon und ebenso bekannt unter dem Namen
„The Motobike City“.

AP