Tag 182-183 /
12.10.-13.10.2013

Weil unser Flieger Verspätung hatte, kommen wir etwas später
in Christchurch an als erwartet. Es ist kalt. Und ich meine jetzt nicht, das
vermeintliche Sydney-kalt „im T-Shirt ist es frisch, doch lieber einen Pulli
drüber“, sondern herbstliche Temperaturen, vielleicht gerade so eben 10 Grad.
Das sind wir schon lange nicht mehr gewohnt…

Gegen 2 Uhr morgens sitzen wir im Shuttlebus, der uns vom
Flughafen zu unserem Hostel bringt. Bevor wir geflogen sind, hatten wir uns
über Christchurch informiert. Im Februar 2011 wurde die Stadt von einem
Erdbeben erschüttert. An sich nichts Ungewöhnliches, da Christchurch pro Jahr mehrere
Tausende Erdbeben hat, die meisten davon so schwach, dass man sie nicht spürt.
Doch das Erdbeben in 2011 war sehr stark, 70 Prozent der Gebäude in der
Innenstadt wurden dabei unbewohnbar gemacht. Darunter auch einige denkmalgeschützte
Bauten, wie die Christchurch Cathedral, das
Wahrzeichen der Stadt. Wir waren etwas betroffen als wir das im Vorfeld gelesen
hatten; mir fiel es schwer eine Vorstellung von einem Ort zu haben, dessen
Innenstadt vor zwei Jahren so zerstört war, dass sie komplett eingezäunt und
als Rote Zone erklärt wurde, Eintritt verboten.

Wieder zurück zu unserem Shuttlebus: Die Fahrerin ist sehr nett und erzählt uns,
dass sie aufgrund der vielen Sperrungen auf der Straße lauter Umwege fahren
muss. Die Stadt ist noch komplett im Wiederaufbau. Sie erzählt, dass alle paar
Wochen andere Straßen gesperrt sind, je nachdem, wo gerade wieder (auf)gebaut wird. Als wir eine Straße
entlang fahren, die sehr hügelig ist, erzählt sie uns, dass diese mal eben war,
durch die Erdbeben sind die Hügel entstanden. Wir fragen sie, wie es für sie
ist in einer Stadt zu leben, die so erdbebengefährdet ist. Sie antwortet
ehrlich, dass sie manchmal die Nase voll hat von allem, von den Zerstörungen,
dem Schaden (auch an ihrem Haus), der gedrückten Stimmung, die dort herrscht.
Aber im Endeffekt ist es ihre Heimat und sie kann sich nicht vorstellen, einfach
wegzuziehen, so wie es viele nach dem großen Erdbeben getan haben. Am Hostel
angekommen bedanken wir uns bei ihr, dass sie so bereitwillig erzählt hat. Die
war echt nett. smiley

Gegen drei Uhr liegen wir im Bett, wir sind inzwischen echt
müde und wollen nur schlafen. Wir legen uns in unserem 4-Bett-Zimmer in ein Bett. Keine 10 Minuten
später nachdem wir die Augen geschlossen haben, kommen ein Mädel und ein Junge
rein. Die beiden Turteltauben sind bei ihrem Liebesspiel ziemlich laut und wir sind zuerst verwirrt, dann verärgert und schließlich genervt, weil wir nicht schlafen können. Romeo und Julia lassen sich von unseren diskreten Störungsversuchen nicht ablenken und machen weiter. Ich halte Andy zurück, damit er keinen Stunk macht.

Irgendwann ist es schließlich vorbei und wir können
schlafen. Was passiert einige Zeit später? Romeo steht auf und geht wohl
auf die Toilette. Allerdings hat er vergessen den Zimmerschlüssel mitzunehmen,
kommt also nicht wieder rein. Er klopft an die Tür, zuerst zaghaft – ist ja
mitten in der Nacht –, dann immer lauter. Irgendwann hämmert er richtig gegen
die Tür und ruft, er würde gern wieder rein kommen. Keiner von uns, die im
Zimmer liegen, machen Anstalten ihm die Tür zu öffnen; auch Julia, seine “Liebe” nicht. Andy und ich lachen in uns hinein und besiegeln das Ganze mit den
Worten „Karma schlägt zurück“. smiley

Etwas müde, aufgrund des wenigen Schlafs der vorherigen
Nacht, beginnt der nächste Tag… Wir
freuen uns über das schöne Wetter, es ist sonnig und relativ warm, sodass wir
gern im Garten unseres Hostels frühstücken. Den Vormittag verbringen im Hostel,
planen etwas genauer den Ablauf unserer Zeit in Neuseeland und kümmern uns um
einen Campervan, mit dem wir sowohl die Süd- als auch die Nordinsel befahren
wollen. Wir bewerben uns wieder auf eine relocation, also eine Überführung
eines Campers, so wie wir es in Australien haben und stauben einen richtig
guten Deal ab: insgesamt 16 Tage, davon 5 Tage kostenlos, die restlichen 11 zu
einem vergünstigten Preis, einen Tank sowie die Überführung des Autos auf der
Fähre von der Süd- auf die Nordinsel plus das Ticket für den Fahrer geschenkt –
was für ein Glück! J
Besonders cool ist, dass wir den Camper direkt am nächsten Tag abholen können.
Läuft alles wie am Schnürchen. smiley

Bevor es aber mit dem Camper losgehen soll, gucken wir uns
noch ein bisschen die Stadt an. Während es morgens ziemlich warm und sonnig
war, ist es jetzt stürmisch und kalt. Plötzliche Wetterumschwünge mit relativ
großen Temperaturschwankungen sind normal in diesem Land, am besten immer mit
Jacke und Regenschirm aus dem Haus. Rund zweieinhalb Jahre nach dem schweren
Erdbeben sieht man eigentlich noch überall dessen Spuren. Viele Gebäude sind
noch immer mit Maschendrahtzäunen abgesperrt, werden teilweise gestützt, um nicht endgültig einzustürzen, Läden
stehen leer, einige Gegenden wirken wie „ausgestorben“. Es ist ein merkwürdiges
Gefühl hier durch die Straßen zu laufen. Der Wiederaufbau wird sicher noch
einige Jahre dauern. Jede Menge Gebäude werden abgerissen, um anschließend
erdbebensicher aufgebaut zu werden. An der Stelle wo früher die Einkaufsstraße
Cash Mall zu finden war, steht nun die Re:START Mall; bunte Schiffscontainer,
die als Läden dienen. Wir finden die Idee ziemlich gut. Es wirkt „lebensfroh“
und ein bisschen wie ein Statement „wir machen weiter“.

Nachdem wir am nächsten Morgen unseren Camper am Flughafen
abgeholt haben, schauen wir noch an dem temporären Denkmal für die 185
Todesopfer, die das Erdbeben gefordert hat, vorbei. Auf einer grünen Wiese
stehen 185 verschieden Stühle, alle weiß gestrichen. Die Vielfältigkeit der
Stühle, Schaukelstuhl, Bürostuhl, Kindersitz, Hocker, Barstuhl, Rollstuhl und
weitere, sollen für die verschieden Persönlichkeiten stehen, die an diesem Tag
ihr Leben verloren haben. Eine tolle Idee.

Wir verlassen Christchurch mit einem Mix aus Betroffenheit
und Vorfreude auf die nächsten Tage. Unsere Erwartungen an dieses Land sind
ziemlich hoch. Jeder Neuseelandbesucher, den wir unterwegs getroffen haben,
schwärmte von der schönen Landschaft und der aufregenden Zeit, die er/sie dort
verbracht hat. Wir sind gespannt.

SP