Tag 71-74/ 24.06.-27.06.2013

Delhi – Indien, was soll ich dazu sagen… Wenn ich nur drei
Worte hätte: Dreck, Gestank und Kühe. Nette Menschen? Nur, wenn sie dir was
verticken wollen. Du fragst nach dem Weg und der „freundliche Inder“ versucht
dich in das Reisebüro seines Cousins zu schicken. Aber ich fange mal von vorne
an.

Erster Abend in Delhi. Wir werden vom Flughafen abgeholt und
in unser Hotel gefahren. Der erste Eindruck: wer in Bangladesch war, den kann
nichts mehr schocken. Es gibt gepflasterte Straßen ganz ohne Schlaglöcher, das
haben wir seit Wochen nicht mehr gesehen. Autofahrt mal wieder angenehm ohne
ständig aus dem Sitz zu fliegen. J
Als wir am Hotel ankommen, sind wir begeistert. Es ist richtig gut! Dafür haben wir aber auch
viel Zeit in die Suche investiert. Bloomrooms heißt es, falls jemand mit dem
Gedanken spielt nach Delhi zu fahren, können wir das Hotel wärmstens empfehlen.
Der nette Portier a.k.a Kuschelbär, wie Sonia Ihn nennt, besorgt uns
fürsorglich eine Autorickshaw, auch bekannt als Tuk Tuk oder CNG, je nachdem,
wo man gerade ist, und wir fahren zum Connaught Place – die Einkaufsmeile
Delhis. Drei große Kreisverkehre mit einem Park zur Entspannung in der Mitte.
Wir finden schnell etwas zu Essen und der Eindruck bleibt positiv. Wir haben
uns Indien chaotischer und anstrengender vorgestellt. Für den Weg ins Hotel
wollten wir uns auch schnell eine Autorickshaw besorgen, einen guten Preis
kennen wir schon von der Hinfahrt, daher dürfte das nicht so schwer werden.
Plötzlich spricht uns ein Taxifahrer an und sagt er fährt uns auch für den
Autorickshaw Preis. Normalerweise sind Taxis teurer, aber der Kerl scheint
verzweifelt zu sein und sein Taxi sieht auch nicht mehr so frisch aus. Egal,
rein da. Als er mir die Tür öffnet, rieche ich seine Alkoholfahne – das wird
lustig… Kaum sind wir im Taxi fängt er mit dem Smalltalk an.

„Seid ihr ein Paar?“
„Nein, verheiratet – Familie.“
„Oh, habt ihr schon Kinder?“
„Nein.“
„Wollt ihr Spaß haben in Delhi?“
„Delhi ist eine schöne Stadt.“
„Ich kann euch was besorgen, damit werdet ihr Delhi auf jeden Fall genießen.“
„Aha…“
„Wollt ihr was zu rauchen?“
„Nein, wir rauchen nicht.“
„Madam, du willst doch bestimmt, oder?“
„Nein!“
„Ihr werdet Delhi dann richtig genießen!“
„Diggi, wir rauchen kein Gras (…und ganz bestimmt nicht von dir).“
„Okay wir sind da, steigt aus, das ist gleich da vorne.“,
„Nein, ist es nicht.“
„Doch, doch. Wenn ihr nichts kauft, dann steigt mal aus. “

Natürlich hat er auch nicht genug Wechselgeld… 5 Minuten
Fahrt für einen knappen Euro. Mitten auf der Straße rausgelassen. Was für ein Idiot.
Willkommen in Indien. Der erste Eindruck wurde sofort korrigiert. So schnell
wie möglich haben wir uns einen Rickshaw Fahrer für weitere 60 Cent besorgt,
der uns dann ins Hotel gestrampelt hat. Eigentlich hat der Arme sich den Euro
verdient und nicht dieser Affe im Taxi. Zum Glück war es bei dem Taxifahrer nur
so ein kleiner Betrag, sonst hätten wir nicht einfach so nachgegeben.

Tag zwei in Delhi beginnt mit der Suche nach einer
Bushaltestelle für Stadtrundfahrten. Wegen der vielen Warnungen von allen
möglichen Leuten, denen wir gesagt haben, dass wir nach Delhi fahren und der
knappen Zeit, wollen wir auf Nummer sicher gehen und uns die Stadt erst mal von
einem klimatisierten Bus aus anschauen. Wir steigen also in eine Autorickschaw
und sagen, wo wir hinwollen. Der Fahrer macht auf nett, verwickelt uns in ein
Gespräch, fragt wie lange wir schon in Delhi sind, was wir uns anschauen
wollen, warum wir genau an dem Ort, den wir ihm genannt haben, rausgelassen
werden möchten. Unser Fehler: wir antworten wahrheitsgemäß. Er erzählt uns,
dass auf dem Weg zu dem Ort noch eine Touristeninformation liegt, die er uns
empfehlen kann. Er berechnet dafür natürlich keinen Extra-Preis, da es „ganz in
der Nähe“ liegt. Wir merken aber, dass er komplett in die falsche Richtung
fährt. Er lässt uns also an einem Touribüro raus, in dem wir natürlich auch die
Tickets für die Stadtrundfahrt kaufen können… Da er uns direkt vor dem Eingang des auf
keinen Fall offiziellen Touristenbüros heraus lässt, sind wir genötigt hinein
zu gehen. Drinnen werden wir durch zwei Türen in ein winziges „Büro“ geschoben
und auf zwei klapprige Stühle gegenüber von einem nervös wirkendenden Mann
gesetzt. Er erzählt uns, dass die Busse der Stadtrundfahrt, heute nur einen
halben Tag fahren, weil irgendein Feiertag sei, bla bla bla. Als er uns den
Preis für die angeblich letzten Tickets für den Tag nennt, wissen wir, dass er
zu hoch ist. Wir sagen ihm also, dass wir auf die Stadtrundfahrt verzichten
wollen, schließlich lohnt ein halber Tag ja nicht. Dann versucht er uns
irgendwelche Städtetrips anzudrehen. „You have to go to Jaipur. If you don´t
know Jaipur, you don´t know India. Must go there. And what about Agra and
Varanasi? Also beauuuutiful cities.“ Er nervt uns. Wir lassen uns ein paar
Broschüren zeigen und sagen ihm dann, dass wir erst was essen gehen und uns
dann entscheiden. Er begleitet uns vor die Tür und zeigt uns, wo man „gut essen
gehen kann“. Um sicher zu gehen, dass wir nach dem Essen wieder kommen, schickt
er uns einen seiner Kumpels, die vor dem Büro stehen, hinterher. Wir merken
relativ schnell, dass wir verfolgt werden und versuchen ihn loszuwerden. Keine
Chance. Wir laufen ins nächste McDonald´s und bestellen einfach was zu trinken
und einen Burger, um an einem Tisch kurz zu warten. Unser Verfolger steht vor
der Tür und wartet… Irgendwann als er nicht guckt, laufen wir raus. Verfolger
abhängen – die Zweite. Er folgt uns weiter, aber wir schlängeln uns geschickt
durch die Menschenmassen. Dieses Mal werden wir ihn erfolgreich los.

Wir suchen auf eigene Faust und vor allem zu Fuß die
Haltestelle der öffentlichen Stadtrundfahrten. Währenddessen, werden wir immer
wieder angequatscht. „Sir, where you go? I help you, sir. Where you go?“ Wenn
wir höflich antworten, dass wir keine Hilfe brauchen, dann laufen die uns
einfach hinterher und lassen nicht locker. Anstrengend! Das einzige was hilft ist,
ignorieren und einfach weiter gehen. Was
wir in Bangladesch und Nepal nie getan hätten, wenn wir angesprochen wurden,
mussten wir uns hier schnell angewöhnen. Aber nicht nur daran müssen wir uns
gewöhnen. Je länger wir in Delhi sind, desto mehr wird klar, dass unser erster
Eindruck nicht stimmt. Es herrscht mehr Ordnung im Straßenverkehr, als in
Bangladesch – das stimmt! Aber Dhaka hat laut Wikipedia auch einen der
schlimmsten Verkehre der Welt und das können wir unterschreiben. Auf jeden Fall
ist Delhi dreckiger und stinkiger, als das was wir in Bangladesch gesehen
haben. Überall wird uriniert und wir haben auch gesehen, wie ein kleiner Junge
mitten auf dem Connaught Place sein großes Geschäft verrichtet hat. Direkt vor
unserer Nase… Der übliche Müll wie z.B. Verpackungen, leere Dosen oder
Zigarettenstummel fällt uns eigentlich gar nicht mehr auf. Aber Komposthaufen
und Fäkalien zu sehen und vor allem zu riechen, fast egal wo man ist, fällt
schwer auszublenden. Außerdem ist es erschreckend, wie viel Armut in Delhi
herrscht. In einem Land, das wirtschaftlich so aufstrebend ist, scheint es
vielen so egal zu sein, dass Kinder sich in Pfützen die Zähne putzen. Dass Menschen
ganze Siedlungen unter Brücken errichten oder vor der Metro Station ihr „Zuhause“
haben. Es wird über sie gestiegen und das Ticket gezogen. Delhi ist auf jeden Fall
überbevölkert und es fällt uns schwer zu glauben, dass Leute das gleiche Delhi
gesehen haben, wenn sie uns sagen, dass es ihnen gefallen hat.

Wir finden schließlich die Verkaufsstelle der Tickets für
die Stadtrundfahrten. Natürlich fahren die Busse ganz normal, kein Feiertag.
Wir kaufen Tickets, die zwei Tage gültig sind und nehmen uns vor heute eine
komplette Tour mit dem Bus zu fahren und nicht auszusteigen. Wir haben erst mal
genug von „Sir, Sir, where you go?“.

Insgesamt haben wir uns dann von Taxis fern und uns vor
allem an die öffentlichen Verkehrsmittel bzw. städtische Stadtrundfahrt
gehalten. Schön zu sehen war, dass es in der Metro ein eigenes Abteil nur für
Frauen gibt. Obwohl wenn ich so recht überlege, sollte das gar nicht nötig
sein… Dank der Stadtrundfahrt haben wir den Lotus Tempel, die Safdarjung Tomb,
das India Gate und das Parlamentsgebäude genauer angesehen. Im Red Fort haben
wir uns noch eine Lichtshow auf Hindi angeschaut, die englische Version lief zu
spät abends, da wollten wir nicht mehr unterwegs sein. Die Hindi-Show hat uns
aber nicht wirklich überzeugt, sodass wir nach 5 Minuten wieder weg waren. Ziemlich
schön war die Jama Masjid, die größte Moschee Indiens. Doch selbst hier
versuchen die Inder ein Geschäft aus uns zu schlagen. Nach dem Besuch der
Moschee will einer Geld dafür, dass auf unsere Schuhe aufgepasst wurde? Ehm,
nicht mit uns. Wir zahlen nicht und gehen. Nervig!

Auch wenn wir nur einen kurzen Einblick in Delhi bekommen
haben, ist schnell klar geworden, dass dies nicht unsere Stadt ist. Daher sind
wir zur New Delhi Railway Station gegangen, die nur 5 Minuten zu Fuß von
unserem Hotel entfernt liegt, und haben uns Tickets für die Fahrt quer durch
Nord Indien geholt. Zuerst nach Agra, Taj Mahal gucken, dann nach Varanasi, den
Ganges erleben und dann nach Kolkata, den Flughafen kennen wir ja schon, von wo
aus unser Flug raus aus Indien nach Bangkok ging. Zugtickets kaufen ist kein
großes Problem in Delhi. Es gibt einen extra für Touristen eingerichteten
Ticketschalter und wir hatten das Glück einen sehr geduldigen und netten Mann
am Schalter zu haben. Während wir überlegen, trällert er ein Bollywood-Lied vor sich hin. 🙂 Und so konnte es schon einen Tag nach dem Ticketkauf nach
Agra gehen.

AP